Dieses Konzept ist mir schon vor über 10 Jahren zum ersten mal begegnet, und bis jetzt bin ich zu keinem abschließenden Verständnis gekommen - meine Perspektive hat sich immer wieder verändert und erweitert.
Die Übersetzung die ich am häufigsten gehört habe, ist das "Nicht-Handeln" oder "Nicht-tun".
Es hat meiner Meinung nach nichts damit zu tun, sich in irgendetwas zu üben - auch wenn Übung dorthin führen kann.
Ich stelle es mir vor als den Zustand des völligen frei seins von meinen Wünschen, zu 100% klar aus meinem Selbst handeln können.
Das ist dann absichtsloses Handeln - Jede Absicht, jeder Wunsch bindet und richtet Energie, die von meinem eigentlichen Vohaben ablenkt. Jeder Überlegung, wie meine einmal gestartete Handlung ausgehen könnte, zieht Energie aus anderen Möglichkeiten ab, an die ich vielleicht nicht gedacht habe. Alles, was ich an Handlungen ausführe, wenn ich einer Energie erstmal eine bestimmte Richtung gegeben habe, stellt Blockaden in den Weg.
Aus der Kampfkunst kenne ich die Situation, daß ich eine Aktion starte, aber meinem Körper nicht die Freiheit lasse, sie komplett auszuführen. Z.B. könnte ich plötzlich sehen, daß es schief gehen könnte, und spanne die Muskeln an, um mich vor einem Sturz zu schützen. Das blockiert meine ursprüngliche Aktion, und das Ungewünschte tritt dadurch erst ein. Hätte ich gar nicht erst die Absicht gehabt, etwas gegen das Hinfallen zu tun, wäre ich nicht hingefallen.
In der Übungsleiter-Ausbildung vom Tai Ji wurde ein paar mal von "Ergebnisoffenheit" gesprochen.
Im Kung Fu habe ich von unserem chinesischen Trainer auch öfters mal die Anmerkung im Vorbeigehen gehört, daß im Westen das Nicht-Tun oft falsch verstanden wird und als Nichtstun intepretiert wird, wovon es aber weit entfernt sei.
Ich denke, dass es hier nach unserem "westlichen" Verständnis eher um das "intuitive Handeln" geht.
Ich glaube, das kommt dem sehr nahe. Im Daodejing wird öfters erwähnt, daß der (je nach Übersetzung) tugendhafte/weise/unsterbliche wie der unbehauene Holzklotz sei.
Also einfach wild und kantig so wie gewachsen - aus sich selbst heraus.