Es behaupte niemand, die Küche wär´ kein meditativer Ort. Meine isses. Anders kann ich mir die Vision eines in eine Rinderhaut gehüllten Königs der Wälder nicht erklären, sie sprang mich sozusagen aus dem Kühlschrank an. Vielleicht ist sie ja von dem kleinen Kobold geschickt worden, der da drin immer das Licht an- und ausknipst.
Erklärung für den Wirrwarr: ein irgendwie reichlich klein aussehendes Stück Hirschbraten, das seit drei Tagen bereits im Rotwein lag und nach Veredelung rief. Hier also das hosenbundsprengende Ergebnis:
2-3 Tage im Vorraus:
- Zutaten:
- ein Stück Steakfleisch vom Hirsch, ca. 500g
- 300-400ml kräftiger trockener Rotwein (nicht den billigsten...)
- 1 Knobizehe
- 7-8 Pimentkörner, gleiche Menge Wacholderbeeren, doppelte Menge Koriandersamen, 1/2 TL Salz, Pfeffer, etwas Honig
Körner und Salz im Mörser zerstoßen, Knobi zerdrücken und mit Honig, Pfeffer und 1/2 des Rotweins zu einer Marinade verrühren. Hirsch in einen Gefrierbeutel, Marinade dazu, zuzwirbeln und ab damit in den Kühlschrank. Gelegentlich etwas kneten und wenden und sich beim König der Wälder für die Gabe bedanken.
Am Tag des großen Fressens:
- Zutaten:
- 2 Rinderrouladen (zus. ca. 350g),
- 1 Möhre,
- 1 Stück Sellerie,
- 1 Lauchstange,
- 1/2 herber Apfel (Oma Schmidt oder Boskoop),
- Kräuter nach Wahl (bei mir waren´s: Thymian, Rosmarin, Salbei, Kerbel, Lavendel, Petersilie, Estragon, die gefriergetrocknete Mischung aus´m Supermarkt ist auch toll),
- Nelken gemahlen, Pfeffer, Salz, ´n bißchen Margarine und der Rest des Rotweins,
- 1 EL Brombeer-, Preiselbeer- oder Johannisbeergelee,
- je 1 TL Aceto Balsamico und Honig
Hirsch aus der Marinade nehmen, mit Küchenkrepp abtrocknen und die Marinade in eine Tasse abgießen.
Die beiden hauchzarten Rouladen (notfalls noch ein wenig mit Fleischklopfer oder wahlweise Morgenstern bearbeiten, wer mag, auch mit Cernunnos´ Keule) nebeneinander der Länge nach ausbreiten (sollten sich überlappen), salzen und mit reichlich Kräuterwerk, Pfeffer und einer zarten Spur Nelkenpulver bestreuen. Darauf dünne Scheibchen des Apfels legen, den Hirsch darauf plazieren und zusammenwickeln. Paket gut verschnüren und nochmals von außen salzen. In einer Pfanne von allen Seiten kräftig anbraten. Währenddessen das Wurzelwerk schnibbeln und die Bratröhre auf ca. 240°C anheizen.
Das Fleischpaket aus der Pfanne nehmen, auf die "Nahtstelle" in eine feuerfeste Form legen, ein bisserl Margarine und das Bratfett dazu und das Gemüse drumherum betten. Ab damit in den Ofen (ohne Deckel!) und innerhalb der nächsten reichlichen Stunde öfter abwechselnd mit dem ausgetretenen Fett und löffelweise Marinade übergießen.
Wenn dann der Braten obenherum schön dunkelbraun ist, aus dem Ofen nehmen und in Alufolie ruhen lassen. Währenddessen das Sößchen komponieren:
Das Gemüse und den Bratensaft gaaaanz fein mit dem Mixer zerquirlen. In einem Töpfchen den restlichen Rotwein zusammen mit Gelee, Balsamico und Honig aufkochen, soviel vom Gemüsepürree unterrühren, bis das Ganze Soßenkonsistenz hat. Notfalls etwas nachsalzen, binden nicht nötig. Ganz Mutige rühren noch einen halben Teelöffel Kakaopulver unter (Kakao, nicht Nesquik!), gibt ´ne schöne Farbe und ein kräftiges Aroma.
Braten von der Strippe befreien, zurück in die Form geben, mit dem Sößchen umgießen und jetzt zugedeckt nochmal für ca. eine Viertelstunde in den auf 160°C heruntergekühlten Ofen schieben.
Nun sollte sich das Bratenstück kinderleicht in zarte Scheibchen schneiden lassen, bei mir gab´s Klöße und Rotkohl dazu, Rosenkohl paßt auch. Eine mögliche Variation über das Thema kann ich mir auch mit wildem Eber in dünner domestizierter Schnitzelhülle vorstellen...dann würde ich unter die Apfelscheiben noch frische Salbeiblätter legen... *keuch* nicht mehr drüber nachdenken...
reicht für 2-3 Personen, guten Appetit!
vor sich hin faulenzend,
Kattugla