In dieser Jahreszeit kann man an Wegrändern, auf Wiesen und in lichten Wäldern eine goldgelb blühende Pflanze entdecken, die zu den ältesten uns bekannten Heilpflanzen gehört. Bereits der griechische Arzt Dioskurides (1. Jh. n. Chr.) unterschied in seiner "Materia Medica" vier verschiedene Arten dieses Krautes.
Die Blüte gleicht der Krone eines Königs. Deshalb wurde sie schon vom Mönch Vitus Auslasser in seinem "Herbarius" von 1479 "Corona regia" genannt.
Um das Johanniskraut ranken sich viele alte Legenden und Bräuche:
- In altgermanischen Sonnwendkulturen galt das Kräutlein als Lichtbringer.
Man deuteten den roten Saft als Blut des Sonnengottes, des gütigen Baldurs, der zur Sonnenwende geopfert wurde bzw. sich selbst der Erde opferte.
Und die christlichen Völker des Abendlandes haben dies schließlich auf Johannes dem Täufer übertragen. Ein weiterer Umstand das Pflänzchen nach ihm zu benennen liegt wohl darin, dass das Kraut am längsten Tag des Jahres und Johannis Geburtstag in voller Blüte steht.
- In den fünfstrahligen Blüten des Johanniskrautes, sahen die Alten die Kraft der Sonne und der Fünfstern war ein Zeichen für die guten Kräfte, erinnerte er sie doch an das heilige Symbol der Druiden.
Die Christen definierten das als die fünf Wundmale des Herrn.
- Als Lebensspendende Sonne banden unsere Vorfahren das Johanniskraut in Kränze und warfen es übers Dach oder banden es in Sonnenwendsträußchen, als Schutz von Mensch und Heim für’s nächste Jahr.
- Die oberösterreichischen Bauern legten das Kraut zwischen zwei Scheiben Brot und gaben es dem Vieh zum Fressen damit die Tiere von Krankheit verschont blieben.
- In Island wälzte man sich am Morgen der Sommersonnenwende im Tau des Krautes, um Stark und Kräftig zu werden.
- Auch für Liebesorakel wurde es herangezogen.
Zum einen wurden Zweige des Krautes in der Sonnenwendnacht in Wasser gestreut, um am Aufblühen der verwelkten Blüten zu erblicken wie es im nächsten Jahr mit dem Freier bestellt sein würde. Oder Junge, verliebte Mädchen pressten die Blütenknospen aus und dachten dabei an ihre Verehrer. Der Saft, der aus der Pflanze trat, konnte rot oder weiss sein. Dabei half der gesprochene Spruch der Aufklärung des Zaubers: Bist mer gut, gibst mer Blut. Bist mer gram, gibst mer Schlam (=Schleim).
Eine Sage aus dem Mittelalter erzählt, dass die Pflanze aus dem Blut, das Johannes der Täufer bei seiner Enthauptung vergossen hat, entsprungen ist.
Eine andere Legende erzählt: „Als der Lieblingsjünger des Herrn bis zum Tode betrübt unter dem Kreuz stand, sammelte er die mit dem heiligen Blut getrockneten Pflanzen sorgfältig, um sie als treues Andenken an des Heilands Tod an fromme Gläubige zu verschenken.“
Das Johanniskraut symbolisiert also einerseits Sonne und Liebe – Wachstum; aber auch Licht, Erkenntnis und Geist. Damit wurde sie ganz sicher zu einer Heiligen Pflanze und fand sich vielfältig zum Schmuck und Segen von Götterbildnissen.
Den ursprünglichen Lichtbringenden Aspekt verlor es anscheinend ab dem 16. Jahrhundert, infolge seines Einsatzes als Abwehrzauber gegen Dämonen und Hexen bzw. seinem missbrauch während der Hexenprozesse und seinem Einsatz zur "Wahrheitsfindung" bei Exorzismus.
Und so mehren sich die Synonyme: neben Blutkraut, Waldkraut, Feldhopfenkraut, Hartheu (aufgrund seines äußeren Erscheinens), nun auch Hexenkraut, Teufelskraut, Teufelsflucht, Jageteufel, Teufelsfuchtel, Walpurgiskraut oder Fuga daemonum.
"Sanct Johanniskraut ist von so grosser Krafft, den Teufel und die Hexen zu vertreiben, dahero auch der Teufel aus Bossheit dieses Krautes Blätter mit Nadeln durchsticht"
heisst es in den Kräuterbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts. Und tatsächlich: hält man die Blätter gegen das Licht, erkennt man helle Pünktchen, von des Teufels Nadel.
Erweitern wir nun unseren Blickwinkel und erklären Teufel und Dämon zu Schwermut und Melancholie gelangen wir zu einem 1. Nachweis über die Heilanwendung des Johanniskraut: depressive Zustände.
Seine Heilwirkung gilt als: abschwellend, adstringierend, antibakteriell, beruhigend, blutbildend, blutstillend, entzündungshemmend, harntreibend, krampflösend, schleimlösend, schmerzstillend und tonisierend
Man setzt Johanniskraut als Frischsaft, vor allem aber als Tee-Aufguss ein.
z.B. bei nervöser Unruhe, Verstimmungs-, Angst- und Erschöpfungszuständen, psychovegetativen Störungen; reißenden Kopfschmerzen, Schwindel und Konzentrationsschwäche.
Auch gegen Migräne und "Wetterfühligkeit" wird es empfohlen. Ebenso bei Verdauungsbeschwerden, Leber- und Gallenleiden, Entzündungen der Harnwege und gynäkologischen Krankheiten.
Zur äußeren Anwendung empfiehlt man noch immer das rubinrote Johanniskraut-Öl. Dieses so genannte "Rotöl" entsteht als Auszug aus der blühenden Pflanze, vermengt mit fettem Öl. Es dient als Wundheilmittel zur Behandlung und Nachbehandlung von Verletzungen, Muskelschmerzen sowie bei Verbrennungen 1. Grades.
Anwendungsgebiete im Überblick:
Atemwege: Bronchitis, Halsentzündung, Fieber,
Verdauungssystem: Appetitlosigkeit, Verdauungsschwäche, Magenbeschwerden, Darmentzündung, Durchfall, Hämorrhoiden,
Stoffwechsel: Rheumatismus, Gicht,
Harnorgane: Blasenentzündung, Bettnässen,
Frauenheilkunde: Gebärmutterkrämpfe, Menstruationsbeschwerden, Endometritis, Wechseljahrsbeschwerden, Zyklusunregelmässigkeiten,
Nervensystem: Depressionen, Nervosität, Schlaflosigkeit, Epilepsie, Kopfschmerzen, Migräne, Hypochondrie, Angstzustände, Neuralgien, Trigeminusneuralgie
Bewegungsapparat: Rückenschmerzen, Muskelzerrungen, Blutergüsse, Quetschungen, Verrenkungen, Verstauchung, Krampfadern, Ischias, Hexenschuss
Haut: Wunden, Verbrennungen, Beulen, Geschwüre, Ekzem, Schrunden, Stichwunden, Trockene Haut, Narbenschmerzen
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