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Mittwoch, 24. April 2013, 18:33

Carl Gustav Jung

Carl Gustav Jung 1875 - 1961

Sehr oft ist es so, dass revolutionäre Denker und Erfinder während ihrer Lebzeiten verkannt werden. Oft wird der Wert ihrer Ideen für unsere Gesellschaft erst Jahrzehnte nach ihrem Tod erkannt. Doch in einigen Fällen ist es umgekehrt. Es kann passieren, dass eine Gesellschaft sich so sehr nach neuen Antworten sehnt, einen Umbruch oder vielleicht auch nur eine Ablenkung möchte, dass ein Visionär zu Lebzeiten hohe Prominenz erlangt, aber nach seinem Tode in der Vergessenheit verschwindet. Und das, obwohl er möglicherweise der Kultur einen bleibenden Stempel aufdrücken konnte.

Eine solche Person ist Carl Gustav Jung. Wenn wir heute von introvertiert oder extrovertiert sprechen, wenn es in der Lebensgestaltung um die inzwischen fast schon abgedroschen klingende Selbstverwirklichung geht, dann ist das der Verdienst von C.G. Jung.

Als der 1875 geborene Pfarrerssohn über eine akademische Karriere nachdachte, fasste er zuerst den Entschluss, Archäologie zu studieren. Vermutlich aus wirtschaftlichen Gründen entschloss er sich jedoch zu einem Studium der Medizin. In dieser Zeit steckte die Psychologie noch in den Kinderschuhen und litt unter Medizinern an einem sehr schlechten Ruf. Doch als Jung ein Buch über diese noch frische Disziplin in die Hände fiel, war er fasziniert, und wusste, dass die Psychologie sein weg sein würde.

Doch was ist nun so besonders an seiner Arbeit? Während seines langen Lebens entwickelte Jung psychologische Konzepte, die damals wie heute der modernen mechanistischen Denkweise entgegenstehen. Für Jung waren psychische Vorgänge nicht nur reine biochemische Vorgänge, wie uns die heutige Psychiatrie glauben machen will. Auch wenn er in weiser Voraussicht keine Aussage über die Natur der Psyche an sich machte, so verstand er ihre Funktionsweise wie kein anderer.

Er erkannte, dass der Mensch in einem Spannungsfeld zwischen der Außenwelt und der inneren Welt seines Unbewussten lebt. Im Gegensatz zu Freud glaubte er jedoch nicht, dass das Unbewusste ausschließlich aus verdrängten Persönlichkeitsanteilen besteht, und führte auch nicht alle unbewussten Motivationen auf den Sexualtrieb zurück. Jung fand heraus, dass das Unbewusste außer verdrängtem Material auch alle noch nicht entwickelten Eigenschaften des Menschen enthält, und sogar einen kollektiven Anteil hat. In jedem Menschen sind, nicht konkret, sondern nur als potentielle Form – Jung vergleicht das mit dem Bauschema eines Kristallgitters – archetypische Strukturen enthalten. Diese sind am leichtesten anhand von mythologischen Motiven illustrieren.

Überall auf der Welt, in allen Kulturen, sind mythologische Gestalten in ihren Rollen zum verwechseln ähnlich. Es gibt Helden, Trickster, Muttergöttinen, Himmelsväter, Unterweltfahrten, etc... Nach Jung sind all diese Ausdrucksformen der Archetypen. Universeller Konzepte, die unser psychisches Leben bestimmen.

Wenn wir in Kontakt und Austausch mit unserem Unbewussten treten, den inneren Dialog eröffnen und unseren Traumbildern bedeutung zumessen, beginnt in uns ein Prozess, den Jung Individuation nannte. Dieser Prozess führt uns zu unserem wahren Selbst, und lässt zu, dass wir als die einzigartige Person wirken, die zu sein wir berufen sind.

Wesentlich mehr könnte zu Jungs umfassenden Betrachtungen des menschlichen Lebens geschrieben werden – es gibt kaum Lebensbereiche über die er nicht geschrieben hat – doch genug für heute. Da Bilder mehr sagen als tausend Worte, hier noch ein Link, der einige seiner Gemälde zeigt:

http://www.jungiantherapy.com/red-book.shtml

Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von »Sir Markus« (24. April 2013, 18:46)


2

Mittwoch, 24. April 2013, 23:55

Jung ist wirklich sehr spannend.
Hier habe ich einen Text gefunden der detailliertere Informationen gibt, für diejenigen die gern noch weiter recherchieren wollen. Die Etnwicklungsschritte und Gedankenanstöße seiner Theorien und sein Lebensweg sind hier gut nachvollziehbar

Ein besonders schöner Textausschnitt daraus:

Zitat

Freud, der in den meisten Konflikten nicht verarbeitete Triebprobleme
sieht, ist wohl eher der Psychologe der ersten Lebenshälfte. Seine
Psychologie ist retrospektiv. Jungs Tiefenpsychologie ist eher
perspektivisch. Jung hat erkannt, dass die meisten Probleme seiner
PatientInnen über 35 im Grunde religiöser Natur sind. Er ist der
Psychologe der Lebensmitte und der zweiten Lebenshälfte. Freud verfolgt
die Probleme der Erwachsenen zurück in die Kindheit. Freud schaut fast
immer zurück. Jung blickt nach vorn. Freud ist regressiv, Jung
progressiv. Freud will langwierige seelische Tiefenbohrungen und landet
fast immer bei Mutter- und Vaterkomplexen; und das bei therapeutischen
Behandlungen, die vier bis fünf Jahre und noch länger dauern. Jung
hingegen und seine SchülerInnen wollen möglichst rasch "Individuation",
Emanzipation, Selbständigkeit und geistige Widerstandskraft
mobilisieren. Jung zeigt einen Weg vom Ich der ersten Lebenshälfte zum Selbst
der zweiten Lebenshälfte. Eine Jung'sche Therapie dauert im Schnitt 18
Monate. Das Ziel der Jungschen "Individuation" ist die Entfaltung des
Selbst.
Signatur von »Lady.Birgit«
~Vor den Problemen wegzulaufen, zählt nicht als Bewegungsübung ~


Wann, wenn nicht jetzt?
Wer, wenn nicht ich?


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3

Donnerstag, 25. April 2013, 22:29

Je mehr ich von Jung lese, desto beeindruckender wird für mich sein Werk. Seine Ideen haben für mich vieles von dem, was ich lange für unvereinbar hielt, nämlich die geistige und die materielle Seite des Lebens näher zusammengebracht. Auch die wissenschaftliche und die "magische" Weltanschauung...

Alles in Jungs Werken läuft auf ein Vereinigen der Gegensätze hinaus, auf ein Transformieren der verstreuten Einzelteile in einem gemeinsamen Zentrum zu etwas höherem.

Ich kann seine Bücher nur empfehlen - im Gegensatz zu den sehr trockenen Bänden von Freud sind sie deutlich leichter zu lesen, und immer wieder eine Inspiration. Oft wird der Leser direkt auf seine eigenen Entwicklungsprozesse gestoßen, oft kommt man beim Lesen gar nicht drumherum, nach der eigenen Seele zu schauen. Ich denke, dass sich wirklich jeder, wenn er ehrlich ist, irgendwo in diesen Büchern wieder erkennt. Aus meiner Sicht ist Jung seit langer Zeit der erste spirituelle Lehrer, der vollständig aus unserer Kultur entspringt, der sich nicht die Lehren fremder Länder zu eigen machen musste, sondern aus sich selbst heraus gewirkt hat.

Seine Bücher führen weiter in die Entwicklung des Selbst als so manches esoterische Buch, das diesen Anspruch an sich hat - und das obwohl kein Bisschen esoterisches Blabla darin ist. Im Gegenteil - sie sind sehr wissenschaftlich geschrieben, und Jung sah sich immer als emprischer Wissenschaftler.

Eines meiner liebsten Zitate:

"Wer nach außen schaut, träumt.
Wer nach innen schaut, erwacht."

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