Wir feiern die Jahreskreisfeste.
Das ist immer wieder ein Teil der Antwort auf die Frage: "Was macht Ihr denn da so Brauchtumsmäßig?"
(Und -nein- wir sind kein Mittelalterverein
)
Als der Verein begann sich auf dem eigenen Gelände niederzulassen, geschah das unter anderem aus dem Grund, endlich einen festen Platz zum Feiern zu haben. Unabhängig zu sein davon, ob uns jemand freundlich ein Stück Wiese zur Verfügung stellt oder wir einen Zeltplatz mieten können. Ganz zu schweigen davon ob am jeweiligen Platz dann auch ein offenes Lagerfeuer brennen darf und wie wir das Feuerholz dort hinbringen.
Über die Jahre hat unser Grundstück in Biedershausen schon einige Feste und Feuer gesehen und wir haben uns Jahr um Jahr mit diesen Festen auseinander gesetzt.
Viele von uns kommen aus traditionellen Familien, die Ostern, Weihnachten und Pfingsten begehen. Bei den Wenigsten mit einem anderen Sinn als dem, dass das eben Feiertage sind. Ihr religiöser Hintergrund ist sicherlich auch bei manchen beachtet worden (und wird es immer noch) doch ist unser Verein in seiner Auseinandersetzung mit dem Brauchtum in keiner Weise religiös, sondern schlicht pragmatisch.
So ist die Betrachtung der ursprünglichen Jahreskreisfeste inzwischen zyklischer Bestandteil dessen, was wir als Natur um uns herum erleben, mit einem vertieften Verstehen dafür aus welchen Selbstverständlichkeiten des Lebens und Über-Lebens unsere Altvorderen Feste zu bestimmten Zeiten und nach bestimmten natürlichen Rhytmen gefeiert haben.
In diesen "Brauchtumsritualen" steckt ein Strauß an unterschiedlichen Hintergründen, von der Bestimmung der Jahreszeiten für Ernte oder Saat, die Stärkung der Gemeinschaft, die Positionierung der einzelnen Menschen innerhalb einer Gemeinschaft, die Wertigkeit des eigenen Tuns.
Diese wirklichen Überlieferungen, die durch "Nachahmen" oder Nachforschen heute für jeden Menschen erlebbar sind, sind mir persönlich das Wertvollste an unseren Jahreskreisfesten.
Rituale waren und sind fester Bestandteil des menschlichen Lebens. Jeder Mensch schafft sich eigene kleine Rituale, sei es der Kaffee direkt nach dem Aufstehen, oder eine bestimmte Art sich die Zähne zu putzen oder das Entzünden einer Kerze zum Essen. Diese Rituale helfen dem Menschen bei der Bewältigung seiner Existenz, sind Sicherheit und können symbolhaft Krisen überwinden helfen, wie auch die Psychologie schon lange entdeckt hat.
Solche Rituale können für einzelne Menschen oder ganze Gemeinschaften Bedeutsamkeit erlangen, sie verbinden und geben Hoffnung. Nicht umsonst gibt es Forscher die sich damit beschäftigen ob der Verlust an Übergangsritualen auf dem Weg zum Erwachsenwerden einen Teil der Orientierungslosigkeit der modernen Gesellschaft mit verursachen könnte.
Rituale reduzieren Komplexes und erleichtern Veränderungen, indem sie symbolhaft eine Anpassung an Neues darstellen können, fördern somit die Offenheit und das Bewußtsein für Neues. Dazu braucht es keinen religiösen, feministischen oder sonstwie gearteten Hintergrund, sondern lediglich ein Verständnis dafür wie der menschliche Geist funktioniert.
Damit ist der Zugang zum Brauchtum und das Prüfen welche Werte der Vergangenheit für heute noch praktikabel und wertvoll sind ganz einfach, indem man über die Rituale und Feste einen Zugang zum Geist der Zeiten und Menschen finden kann.
Habt Ihr eigene Erfahrungen, eigene Gedanken? Könnt Ihr meine nachvollziehen? Welche Fragen sind offen, was gibt es noch zu sagen?
Lady Birgit