Lasst uns ein kleines Gedankenexperiment wagen. Wenn ihr möchtet malt auf, was euch in den Sinn kommt. Oder stellt es euch bei geschlossenen Augen vor, dann malen wir im Geiste.
Stellt euch zunächst einmal vor, ihr habt ein schönes Stück Land. Ihr könnt später damit machen was ihr möchtet. Es gestalten, ausbauen, eurer Phantasie sind dann keine Grenzen gesetzt. Zunächst aber ist es ein Stück Land. Ob es flach ist, hügelig oder digar bergig, welche Form es hat, dies ist alles euch überlassen. Nur eines gilt im Moment: Bis auf die Topographie ist es noch völlig leer.
[Malpause]
Stellt euch nun vor, wie ihr das noch freie Land zunächst mit einem Schutz umgebt. Eure ganze Mühe soll ja nicht umsonst sein. Ob dies eine Mauer, ein Zaun, ein Wall oder etwas ganz anderes ist bleibt euch überlassen. Es soll das Draussen vom Drinnen sicher abgrenzen. Natürlich könnt ihr eure Landschaft hierzu weiter bearbeiten. Kein Schritt muss abgeschlossen sein, ihr könnt alles jederzeit ändern wenn euch danach ist.
[Malpause]
Nun beginnen wir damit, die leere Fläche langsam zu füllen. Lasst uns mit Wasser anfangen. Gibt es vielleicht Flüsse, Seen, Wasserfälle oder ist nichts davon zu sehen? Aber falls ja, wieviel Raum gebt ihr dem flüssigen Element?
[Malpause]
Als nächstes kümmern wir uns um den Erdboden. Schraffiert ihn gerne nur sanft. Für welche Farben ihr euch dabei entscheidet sollte dem Boden entsprechen den ihr haben möchtet. Ist es satte braune Erde, heller Sand, hartes Gestein? Solltet ihr dabei feststellen, dass ihr doch etwas zu viel Wasser habt möchtet ihr vielleicht Inseln darauf setzen oder den Meeresgrund gestalten. Es ist euer Bereich, gestaltet es völlig frei.
[Malpause]
Kommen wir langsam zu den Details. Schaut euch eure Landschaft einmal ruhig an und überlegt euch, was dort wachsen könnte. Etwas sollte es allerdings schon sein, eine leere Ödnis ist nicht unser Ziel. Und wenn möglich verschiedene Dinge. Und nun spielt bitte Gärtner und pflanzt was das Zeug hält. Ob ihr euch an die bekannten Arten von Pflanzen und deren Vorlieben haltet oder gänzlich frei gestaltet liegt ganz bei euch. Auch wieviel ihr bewachsen haben wollt. Nur eines beachtet bitte: lasst einen Platz für eine weitere Pflanze später noch frei.
[Malpause]
Inzwischen habt ihr wohl schon eine Landschaft, einen Wald, einen Garten oder etwas anderes gestaltet das zum Erkunden einlädt. Noch ist es relativ leise, ihr könnt vielleicht Wasser plätschern, Blätter rauschen oder das Gras wachsen hören aber mehr noch nicht.
Also lasst uns Tiere in den frisch geschaffenen Lebensraum setzen. Wer wohnt bei euch denn so? Fliegt in der Luft, schwimmt im Wasser, läuft über die Erde? Sind sie klein oder groß?
Achtet nur bitte darauf, dass keinerlei Aggression existiert. Was ihr gepflanzt habt schmeckt jedem Tier sodass keines ein anderes jagt.
[Malpause]
Wimmelt es bereits vor Leben oder geht es bei euch eher ruhig zu? Würdet ihr vielleicht selbst gerne dort sein?
Nun gut, dann setzt doch 1-2 Menschen dort hinein. Oder wenn euch danach ist noch ein paar mehr. Stellt euch vor, was sie dort tun. Sitzen sie an einem See, spielen mit euren Tieren, faulenzen oder erkunden die Gegend? Vielleicht singe sie etwas? Wie fühlen sie sich wohl dabei?
Bedenkt dabei bitte, dass die pflanzliche Nahrung allen schmeckt sodass keiner ein Tier tötet. Zudem sorgt ein Inhaltsstoff in den Pflanzen dafür, dass keinerlei Aggressivität aufkommen kann. Alle sind immer sehr gechillt und glücklich. Und wissen nichts von außerhalb.
[Malpause]
Betrachtet das Bild nun eine Weile. Alles geht seinen Gang. Alles ist harmonisch. Immer ruhig. Immer schön. Immer gechillt.
Wir haben bis hierher immer wieder Entscheidungen getroffen, nun kommen weitere.
Ihr könnt eure gestaltete Landschaft so lassen wenn ihr möchtet. Dann genießt sie gerne noch ein wenig weiter.
Oder wir nutzen nun den Raum den wir für eine weitere Pflanze frei gehalten haben, ihr erinnert euch?
Dann malt nun einen Baum mit schönen Früchten an die freie Stelle. Welche und wieviele Früchte es sind bleibt euch überlassen. Achtet nur darauf dass es ein Baum ist, die es bisher bei euch noch nicht gibt.
[Malpause]
Zunächst ändert sich nichts an eurem Garten. Es gibt nur eine zusätzliche Pflanze. Dieser Baum ist jedoch etwas Besonderes. Was, wird noch nicht verraten. Die Tiere mit ihrem Instinkt halten von selbst Abstand. Sorgt nun dafür, dass auch eure Menschen wissen, dass sie bitte von eurem Baum weg bleiben sollen. Wie würdet ihr darauf hinweisen? Ein Schild "Hände weg!" eine Samtschnur wie im Museum, eine Leuchtreklame, eine Durchsage?
Bitte achtet darauf, euren Baum nicht einzusperren, das würde er gar nicht vertragen.
[Malpause]
Das habt ihr gut gemacht. Euer Hinweis wurde verstanden und tatsächlich hat sich niemand eurem Baum genähert.
Wieso sollten sie auch, alles ist immer schön und gechillt.
Vielleicht ist euch aufgefallen, dass all eure Tiere und Menschen es sehr gut haben. Gleichzeitig stehen sie permanent unter dem Einfluss der betäubenden Wirkung eurer Pflanzen. Sie wissen nicht einmal, dass um den Garten herum noch viel mehr existiert. Dass sie eigentlich in einem schönen Gehege eingesperrt sind.
Schaut euch an, was ihr geschaffen habt und überlegt euch zu den folgenden Fragen was sie für euch auslösen:
- Haltet ihr eure Bewohner (mit ihrem beschränkten Wissen und unter ständigem Substanzeinfluss) für glücklich?
- Wärt ihr (mit eurem Wissen ausgestattet) glücklich, ebenfalls nun immer dort zu sein?
- Denk ihr, ihr seid euren Bewohnern gegenüber verantwortlich und vielleicht sogar etwas schuldig?
- Was wünscht ihr euch für eure Bewohner?
[Denkpause]
Nun sind wir soweit, ihr erfahrt, was es mit eurem besonderen Baum auf sich hat. Ein Wirkstoff in den Früchten hebt die Wirkung der anderen Pflanzen vollständig und für immer auf, macht sie sogar ungenießbar. Wer von ihnen kostet wird nie wieder in den unwissenden aber glücklich gechillten Zustand zurückkehren können.
Konsequenz: Derjenige muss gehen.
Anders ausgedrückt: Es wird sein, als würde derjenige aus einem Traum erwachen. Die rote oder blaue Pille Neo? Die harte Realität oder die ewige Illusion.
Erkenntniss oder Nichtwissen.
Alle eure Gedanken, Emotionen und Schlussfolgerungen zusammen genommen helfen euch nun, die Entscheidung zu treffen:
Werdet ihr euren Bewohnern diese Wahl anbieten, von den Früchten zu kosten, oder nicht?